Sonntag, 12. Dezember 2004
zum Weiterlesen / Quellen

Ethik und Unterricht: 2/02 & 4/95 & 3/98 & 3/01 & 4/97,

ZDPE: 4/01 & 2/98 & 4/02 & 2/03,

Kunst und Unterricht: 77/1983
Beispiel: Daniel Spoerri Fallenbilder

- Daniel Spoerri (*1930 in Galaţi, Rumänien)
Spoerri war Tänzer, Regisseur und Mitbegründer der losen Künstlergruppierung Nouveau Réalisme.
Spoerri arbeitete zuerst als Tänzer und Regisseur in der Schweiz und in Deutschland, bevor er 1959 nach Paris ging.
1960 entstehen seine ersten Tableau-piège (Fallenbilder), bei denen Restbestände einer Situation, z. B. ein Tisch mit benutztem Geschirr und Essensresten auf ihrer zufälligen Unterlage befestigt werden und das so entstehende Relief von der vertikalen in die horizontale Ebene gebracht wird.

1968 eröffnet Spoerri in Düsseldorf eine eigene Kunstgalerie und ein Restaurant; beide sind der Eat Art gewidmet.

Er selbst definierte 1966 diese von ihm erfundene spezielle Form einer Assemblage so: „Gegenstände, die in zufälligen, unordentlichen oder ordentlichen Situationen gefunden werden, werden in genau der Situation, in der sie gefunden werden, auf ihrer zufälligen Unterlage (Tisch, Schachtel, Schublade etc.) befestigt. Verändert wird nur die Ebene: indem das Resultat zum Bild erklärt wird, wird Horizontales vertikal.”


Bildquelle


- philosophische Aspekte:
· Erkenntnistheorie: metaphysische Ebene Urbild = Abbild, Abbild = Abgebildetes, Objekt = Subjekt --> was wird aus Platons Höhle, wenn Urbild und Abbild identisch sind?
· Sprachanalyse: Konventionen für Begriffsbildung z.B.: Kunstwerk
· Phänomenologie: Verlangsamung der Wahrnehmung, Konzentration auf Wesen / anderer Kontext: Überraschungsmoment
· Neue Wirklichkeit: Kunstobjekt statt Alltag
· Zyklus: Entstehen --> Vergehen --> neue Seinsweise
· Kreatives Schreiben: Dramatisierung des täglichen Lebens, Dinge erzählen eine Geschichte... welche? (Zeitreisen)
· Reflexion: Essen, Wirklichkeit
· Als Kunstwerk ist Tisch nicht mehr Teil der Realität --> Ergebnis einer ästhetisierenden Betrachtungsweise
· Außergewöhnliches in den gewöhnlichen Zufälligkeiten des täglichen Lebens entdecken
· Dinge sind in eine Falle gegangen, sind wie Akteure auf einer Bühne (erzählen, sprechen, ...) oder Zeugen wie Requisiten von einer Handlung, die abrupt unterbrochen wurde --> Grab für Dinge
· Detrompe l’oeil – Ent-täuschungsbild: Verlust der Wirklichkeitsferne
· Jedes Objekt ist mehr als sich im jeweiligen Umgang zeigt:
Alltäglicher Kram --> Definition durch Funktion
Präparat --> sollen sie definiert werden
Als Zeichen --> sind sie ganz offen (Symbol, Fetisch, Chiffre)
Methoden des Umgangs mit Bildern

Ethik und Unterricht 2/02


- Bild – Bild – Vergleich
- Schreibgespräch
- Satzsteg
- Titelerfindung
- Bildmeditation
- Lückentext
- Fokussierung
- Komplementärtext
- Gedichte über Adjektivlisten
- Ausstellung und Ausstellungsbericht


- Erinnerungsmuseum
- Bilddiktat
- Aktualisierung
- Kontrastierung
- Vorher-nachher – Produktion
- Bildauswahl
- Kunstausstellung
- Steckbrief
- Bilder vorstellen
- Bildbearbeitung
- Motivverfremdung


- Schreibmeditation
- Bildbefragung
- Interview
- Text-Bild-Vergleich
- Verzögerte Bild- Betrachtung
- Bildvergleich zweier motivgleicher Bilder
- Weitermalen
- Reizwortaufgabe
- Lücken im Bild füllen
- Bildpuzzle
- Bild nachstellen (szenisch)
5 – Schritt – Schema für das Bildverstehen im Unterricht

(S. Maeger, E+U 2/02)
a) 1. Eindruck - kurze Notiz
b) Inhaltliche Analyse: Personen, Gegenstände, Beziehungen, Motiv aus Kunstgeschichte bekannt?
c) Formale Analyse: Gegenstandsform, Farbigkeit, Licht, Komposition, Raum, Zeit, Betrachter (Wie ist die Position des Betrachters zu Bildgegenständen bzw. zum Bild?)
d) Metaphorische Analyse: allegorische, symbolische Bedeutung
e) Interpretation: Rückgriff auf a), aus Einzeldeutungen – Gesamtdeutung, Informationen zum Autor/zum Künstler/zur Entstehungszeit, Bezüge zur Zeitgeschichte, Literatur, Philosophie, Theologie, Psychologie, Bildfunktion und Aufenthaltsort
Bildinterpretation III

(aus dem Kunstunterricht)

Beschreibung/Bestandsaufnahme

Was sehe ich, was ist dargestellt?
Beschreibung des gegenständlichen und formalen Bestands des Bildes in geordneter und logischer Reihenfolge, z.B. vom Vordergrund zum Hintergrund oder von den zentralen Figuren und Gegenständen im Bild ausgehend, je nach Gewichtung der Bildzonen
Hervorhebung von Einzelheiten und Details, die besonders auffällig erscheinen


Analyse

Farbe
Maltechnik (Öl, Tempera, Aquarell o.a.)
Farbauftrag (lasierend, deckend, altmeisterlich, sichtbar o.a.)
Farbwahl (quantitativ/qualitativ)
Farbbeziehungen und Farbkontraste
Funktion der Farbe (Lokalfarbe, Erscheinungsfarbe, Ausdrucksfarbe, Farbbedeutungen o.a.)
Farbe als primäres Gestaltungsmittel

Raum/Perspektive
Raum durch Überschneidung
Raum durch Größenkontraste
zentralperspektivische Raumkonstruktion
Auflösung, Umkehrung, Verfremdung der Zentralperspektive
Bedeutungsperspektive
Betrachterperspektive (Normalsicht, Vogel- und Froschperspektive)

Fläche
Flächenformen
Flächenkontraste
Binnengliederung der Flächen
Figur-Grund-Beziehungen

Linien
Richtung, Verlauf, Bewegung
Funktion, Formbezug von Linien (aktiv, Umrisslinien o.a.)

Hell-Dunkel
Intensität des Hell-Dunkel-Kontrasts
Abgrenzung zwischen Hell-Dunkel (hart, fließend o.a.)
Verhältnis heller und dunkler Bildteile
Hell-Dunkel durch Licht und Beleuchtung (naturalistische/nicht naturalistische Konzeption, Lichtquelle im oder außerhalb des Bildes, Schatten o.a.)
Betonung der Körperhaftigkeit/Plastizität durch Hell-Dunkel/Beleuchtung

Komposition
Bildaufbau
Bedingungszusammenhang und Zusammenwirken der Gestaltungselemente
Farb- und Formzusammenhänge
Verhältnisse der Bildteile zueinander (Gegenstände, Personen o.a.) und zum Ganzen
Darstellung der Beziehungsverhältnisse in einer Kompositionsskizze zur Visualisierung des Bildaufbaus

Interpretation

zeitliche und stilistische/stilgeschichtliche Einordnung des Bildes
Stellung des Bildes im Gesamtwerk des Künstlers und im Zusammenhang der Künstlerbiografie (Frühphase, Spätphase, Schlüsselbild o.a.)
Bildgenre (Landschaft, Stillleben, Porträt o.a.)
Bedeutung des Bildes in der Geschichte des jeweiligen Genres
Quellen der Bildbedeutung: Allegorie, Mythologie, Ikonographie, Ikonologie o.a.
Bildaussage und Bedeutung: moralisierend, belehrend, kritisierend, subjektiv o.a.
Vorbilder, Anregungen innerhalb/außerhalb der Kunstgeschichte (Bilder anderer Künstler, Literatur, Musik o.a.)
Bedeutung des Bildes in seiner Zeit
Bedeutung des Bildes in Bezug auf die Gegenwart
persönliche, subjektive Wertung des Bildes
Bildinterpretation II

Nach Brandt – 2 einander ergänzende Wege der Interpretation:

1. Geschichtshermeneutik
- sachorientiert
- Wissen zur Entstehungsgeschichte des Bildes und zur Zeitgeschichte

2. subjektive Hermeneutik
- Einschmelzung des Bildes in den Erkenntnishorizont des Subjektes
+ Kenntnis der Intentionen und Verwendungsweisen, die mit dem Bild verknüpft sind = Verwendungshermeneutik
--> anzustreben: Mehrdimensionalität möglicher Deutungen, keine Beliebigkeit, unterschiedliche Grade der Plausibilität von Deutungen --> Dialog mit Bildern
· Dialog über Bilder: Einblicke in Lebenswelthorizonte der anderen
Bildinterpretation I

(*G. Otto, K+U 1983 sowie H. Herwald, ZDPE 4/01)


1. Percept:
- stützt sich auf Strukturierungsleistung des Wahrnehmenden
- Verbindung mit bereits gesammelten Erfahrungen
- Abhängig von Erinnerungen, Einstellungen, Kenntnissen, Erfahrungen, Empfindungen
- Subjektiver Zugang, kann auch bildhaft/zeichnerisch vorgenommen werden
- Was siehst du? Was fühlst du? Woran erinnerst du dich?
- Hermeneutik + Phänomenologie

2. Konzept:
- Tendenz in uns, zu strukturieren, was wir sehen, zu ordnen bzw. Ordnungen zu suchen
- Wiedererkennen, die Identifikation von Konzept des Künstlers
- Der in Form gefasste Inhalt bzw. die den Inhalt strukturierende Form
- Gestaltete Einheit von Inhalt und Form, von Bedeutung und Wirkung
- Hermeneutik

3. Allokation:
- soziale, kulturelle und historische Kontexte der Entstehung, der Wahrnehmung, der Rezeption
- Informationen zum Künstler, seiner Biographie, seiner Zeit
Warum Bilddidaktik?

Warum Bilddidaktik?

- Grenzen des Verbalismus
- Vielfalt der Bilder: illustrativer Charakter, provozieren starker Reaktionen, inszenieren einer philosophischen Erfahrung in einem künstlerischen Medium
- Symbole/Bilder/Metaphern nicht um der Übung willen, sondern des Verstehens willen

Allgemeindidaktische Begründungszusammenhänge:

- zentrales Veranschaulichungsmittel des Unterrichts ( fachdidaktische Begründung)
- Bilderflut in außerschulischer Welt --> Schüler müssen Umgang damit Lernen: kritische Wahrnehmung und Deutung ( curriculare Begründung)
- Kinder und Jugendliche sind optisch besonders ansprechbar und in hohem Maße auf Veranschaulichung angewiesen ( päd-psych. Begründung)
- Ansprechen und Weiterentwicklung des Farb- und Formempfindens als wichtige Grundlage des menschlichen Gefühlslebens – Ästhetisierung der Umwelt, Empfindung von Schönheit --> Ehrfurcht von Natur, raumverantwortliches Handeln ( ästhet.-eth. Begründung)
- Nachhaltige bildhafte Eindrücke fordern zum verbalen Austausch von Wahrnehmungen und zu deren Vergleich bzw. Beurteilung heraus: Entwicklung des abstrahierenden Mediums Sprache in Wort und Schrift (semantisch-kommunikationstheoretische Begründung)

--> erst spricht das Bild, dann der Schüler, zuletzt der Lehrer
--> Bildeinsatz ohne Interpretation ist nutzlos


· so wie philosophische Texte Dialogpartner sind, so können es auch Bilder sein. à Unmittelbarkeit/Gegenwart UND über Zeiten, Völker, die Biographie des Künstlers und des Betrachters hinweg --> Überschreitung des eigenen persönlichen Lebens
· Vorerfahrungen geben dem Bild die Bedeutung --> realer Gebrauch / Bindung an Lebensweltkontext
· Prozess der Deutung: freie und aktive Tätigkeit unseres Symbolvermögens – Sinngebung
Was ist ein Bild?

Bilder:

- Charakteristikum menschlicher Existenz
- mythisches Bewusstsein
- ansprechen der emotionalen Ebene
- Bildgehalt umschließt und verbirgt rationale Erkenntnis
- Keine Eindeutigkeit
- Unendliche Zahl der Ausdrucksmöglichkeiten
- Sind wirkmächtiger, intensiver als Sprache, suggestiver, ganzheitlich, unmittelbar, implizieren eine Weltsicht, Gleichzeitigkeit
- Produkte von Symbolisierung der besonderen Art -nicht- Wahrnehmung
- Erste Form der Objektivierung – Geburt der Reflexivität
- Zeichenhaftigkeit --> Fähigkeit zur Distanzierung, bewusste Gestaltung in Repräsentationen, Zeichen machen Denken, Sprechen, Erfinden und Gestalten aus
- Ausdruck von Subjektivität und Individualität
- Schaffung einer Beziehung zur Realität
- Bilder als Abbilder – Platon (sekundärer Charakter von Bildern - sie verweisen auf Ideen



Was ist ein Bild?

a) primär: künstlerische bildhafte Darstellung
b) natürliche Bilder ohne menschliches Zutun (Spiegelungen, Abdrücke)
c) innere Bilder (Träume, Bilder im Geiste, mentale Bilder)
d) rhetorische und poetologische Bilder (Gleichnisse, Metaphern, Parabeln)
e) metaphysische/ Typologische Verwendung des Bildbegriffs im Altertum und Mittelalter: Urbild – Abbild
f) normativer Sinn – Leitbild, Vorbild
Bilddidaktik - Einleitung

Bilderflut im 20. Jahrhundert:
- postmoderner Konstruktivismus --> factum und fictum / Welterfassung und -konstitution werden ununterscheidbar
- Bilder in Medienumwelt – Informationsgesellschaft --> vom Diskursiven zum Nicht-diskursiven, von der Satz- zur Bildform, vom Intellektuellen zum Emotionalen
- Bildinterpretation hängt vom Vorverständnis ab, von der erlernten Interpretationskonvention – Code des Bildes
- Baudrillard: Verdopplung der realen Ereignisse macht Unterscheidung von Fiktion und Realität unmöglich --> Realität verschwindet – „Simulationsgesellschaft“

Kunst
--> zeigt Problemhorizonte auf, greift in die Zukunft ein, zeigt unerschöpfliche Erwartungsfülle des real Möglichen („setzt neben sinnloses Sein, seinslosen Sinn“)
unmittelbares Seherlebnis --> sinnlich erfahrbar, Aktivierung von Bedeutung liegt in der Performanz selber

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